„Schönheit liegt im Auge des Betrachters” sagt ein gängiges Sprichwort. Eine US-Studie zeigt, dass selbst eineiige Zwillinge Schönheit unterschiedlich wahrnehmen. Aber verändert sich im Alter auch die Empfindung von Schönheit? Wir haben auf verschiedenen Plätzen Wiens bei älteren Damen und Herren nachgefragt, was sie schön finden. Die Senioren haben interessante, positive und teils berührende Einblicke gewährt.


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Die vorliegenden Studien befassen sich allesamt mit dem klassischen Begriff der visuell wahrnehmbaren Schönheit. Ob Zusammenhänge zwischen Äußerlichkeiten und Karrierechancen oder wie „schön” man sein muss, um den perfekten Partner zu finden bis hin zu Attraktivität als Einflussfaktor für politische Wahlen. Keine Studien gibt es hingegen darüber, ob sich das Verständnis von Schönheit im Alter verändert. Wir haben mit Senioren gesprochen und kommen zu dem Schluss, dass sich der Begriff „Schönheit” mit zunehmendem Alter relativiert.

Wie eine Junge

In der Staatsoper sind nur noch vereinzelt freie Plätze auszumachen. Auch die Stehplätze, die erst 80 Minuten vor Vorstellungsbeginn erhältlich sind, sind teilweise belegt. Der Platzanweiser will die Türe schon schließen, da schleicht sich eine ältere Dame noch leichtfüßig und geräuschlos zu den Stehplätzen. Sie fällt auf. Denn dort wo Kumiko ihren Platz einnimmt, ist sie meist umgeben von Studenten und jungen Kunstinteressierten. Kumiko ist 82. Die zierliche Person verfolgt regelmäßig die Vorstellungen in der Wiener Staatsoper im Stehen. Sie genießt die Aufführung und schwärmt, dass auch eine fantastische Oper Schönheit bedeuten kann. Mit einem verschmitzten Lächeln fällt ihr dazu ein, was ein befreundeter Komponist zu sagen pflegt: „Schön ist in unserem Alter, wenn wir in der Früh aufstehen und noch nicht tot sind.” Die adrette Dame mit asiatischen Wurzeln verlässt nach zweieinhalb Stunden mit einem Lächeln das Wiener Traditionshaus. Sie wirkt zufrieden mit sich und der Welt. Schön im eigentlichen Sinne findet sie sich nicht.


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Geschnäuzt und gekampelt

Ähnlich empfindet es auch Wolfram. Er ist 95 Jahre alt und macht einen sehr gepflegten Eindruck. „Schönheit bedeutet in meinem Alter, ordentlich angezogen, gewaschen und rasiert zu sein”, erklärt der rüstige Herr mit einem Blick auf den Bart eines jungen Mannes. Mit dieser Modeerscheinung kann er wenig anfangen. Damit spricht er zahlreichen befragten Damen und Herren aus dem Herzen. Elfriede, 82, ist überzeugt, dass es schön ist, wenn „ein alter Mensch seine Schwächen noch ein bisschen übertünchen kann, in dem er sich pflegt”. Junge, schöne Menschen gefallen ihr, sieht sie sich gerne an. Aber: Sie findet es bemerkenswert, wenn jemand auch im hohen Alter noch hübsch und schick aussieht.

„Nörgeln macht nicht schön!”

Es sind nicht nur die Kleidung und die Frisur, die Schönheit im engeren Sinne ausmachen. Vor allem ein zufriedener Gesichtsausdruck ist essentiell. „Nörgeln macht nicht schön. Man muss es einfach verstehen, Schönheit zu erkennen”, ist eine der befragten Damen überzeugt. Mit dem Begriff „Schönheit” kann Rudolf hingegen wenig anfangen. Seiner Ansicht nach ist sie ein Ausdruck, der eher Frauen wichtig ist. Für ihn ist die Gesundheit viel wichtiger. Der 81-Jährige gibt an, keinen besonderen Wert auf sein Aussehen zu legen. Das merkt man nicht. Auch Herbert, 75, ist ordentlich angezogen. „Ich denke nicht darüber nach, was schön ist. Das ist nicht wichtig.” Allgemein hat man das Gefühl, dass alle Damen und Herren sich kaum Gedanken über Falten oder andere Alterserscheinungen machen. Ruth ist noch vergleichsweise junge 66 Jahre alt und hat das treffend in einem Satz formuliert: „Jede Falte ist ein Jahr gelebtes Leben.”

Eine Falte mehr oder weniger. Na und?!

Dass Schönheit viele Gestalten annehmen kann, davon sind die rüstigen Senioren überzeugt. „Wenn wir uns herrichten, brauchen wir ab einem bestimmten Alter vielleicht ein etwas größeres Beauty-Case”, meint Ruth. „Wenn wir spazieren gehen, durch die Stadt oder durch Schönbrunn, freuen wir uns, dass alles blüht”, empfindet Gertrude, 74. Abends genießen viele von ihnen einen guten Film, den sie schön finden. All das ist schön. Bei all dem, „macht eine Falte mehr oder weniger nicht krank”, empfindet Christiane, 77. So sieht es auch Hermine, 60: „Die äußere Schönheit wird mit zunehmendem Alter immer unwichtiger. Wichtig ist die positive Ausstrahlung und die Aura, die einen Menschen umgibt.” Und wahrscheinlich geht es genau darum: mit sich im Reinen zu sein, ein bisschen auf sich zu schauen und zufrieden zu sein. Denn: „Nörgeln macht nicht schön.”

Matthias Führer
Matthias Führer @mwFuehrer Matthias Führer kann Sport. Er hat den Bachelor für Sportwissenschaft absolviert und ist beruflich als Handballer für die SG Insignis Westwien im Einsatz. Für OIDA hat er nicht nur mit betagten Menschen in den Straßen Wiens gesprochen, sondern auch seine Liebe für den (Anzeigen-)Verkauf entdeckt. Er liebt die Kommunikation und den Umgang mit Menschen. Zusammen mit einem fantastischen Team hat er OIDA in die Unternehmenswelt hinausgetragen.
Gudrun Lunacek
Gudrun Lunacek @GudrunLunacek Gudrun Lunacek machte ihren Abschluss in Marketing & Sales an der FHWien. Sie betreibt die Online-Plattform und die Social Media Kanäle eines Fachverlages. Im Projekt OIDA war sie im Anzeigenverkauf tätig und hat Contents für Social Media produziert. Sie kann den Satz “Mama musst du heute wieder in die Schule?” nicht mehr hören, weiß aber wofür sie dorthin geht. Sie möchte schreiben. Reportagen. Satiren. Bücher.